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Katja Bächtold: Spuren der Zeit


Das grosse Ganze, September 2024, Leinen, Goldfaden, Holzstäbe, ca. 60 x 43 cm, Detail

Anlässlich der stäfART laden Kunstschaffenden aus Stäfa und Uerikon vom 1. bis zum 3. November 2024 zum 10. Mal in ihre Ateliers und andere Ausstellungsorte ein. Eine der Ausstellenden ist Katja Bächtold. Sie beschäftigte sich über längere Zeit mit einem besonderen textilkünstlerischen Projekt. In diesem Blog erzählt sie davon.





Elisabeth Gerbers kleiner Webstuhl im Atelier Birke

Meine textilen Bilder für die stäfART 24 sind auf einem kleinen Webstuhl im Atelier zur Birke von Karin Hirschbühl entstanden.

Es war ein Abend im Mai 2023, als ich den Webstuhl zum ersten Mal sah. Die rohleinene Kette mit teils gerissenen Fäden hat mich magisch angezogen. Die Zeit hat ihre Spuren darauf hinterlassen, ein Bild gemalt. Der Webstuhl gehörte Elisabeth Gerber (*1931), Karins Nachbarin. Als sie von einem Tag auf den anderen ins Altersheim umziehen musste, rettete Karin den Webstuhl vor der Schuttmulde. Nachdem ich ihn gesehen hatte, liess er mich nicht mehr los. Ich wollte mehr über Elisabeth, ihr angefangenes Gewebe und die Geschichten dazu erfahren. Daraus ergab sich der Gast-Arbeitsplatz im Atelier zur Birke und gleichzeitig der Beginn eines Dialogs zwischen Karin und mir.

Mich interessieren die Geschichten hinter den Geschichten. Die tieferen Schichten. Dinge, die erst auf den zweiten Blick erkennbar werden. Die Geschichten und Erinnerungsfragmente aus dem Leben der über 90-jährigen Elisabeth haben mich tief berührt. In meinen Werken geht es um die Fragilität von Erinnerungen und um Vergänglichkeit.


Spuren der Zeit, Sommer 2023, Leinen, Holzstäbe, ca. 60 x 50 cm

Langsam

äusserst behutsam

hebe und führe ich das schiffchen

durch die alten brüchigen fäden


ich nehme elisabeth’s faden auf


zwischen unseren webschuss-bändern

eine zeichnung, die die zeit gemalt hat


unsere gewebeteile - ihres und meines -

umrahmen die zeit


meine hände umschliessen das schiffchen

mit dem alten leinenfaden

den elisabeth einst vor mehr als 30 jahren

für ihr gewebe gespult hat

 

 


Erinnerungsringe, Herbst 2023, Leinen, Silberfaden, Holzstäbe, ca. 60 x 43 cm

Erinnerungsringe

wie schillernde Seifenblasen

fragil und vergänglich

Sternstunden

nennt Elisabeth

solche Momente

 

 









Elisabeth’s Rosen, Januar 2024, Leinen, Seide, getrocknete Rosen, Holzstäbe, ca. 60 x 43 cm

«Bring me a rose in the winter time /

when it’s hard to find /

bring me a rose in the winter time /

I’ve got roses on my mind…»


(englisches Lied – eigene Kindheitserinnerung)

 

 









Mond in der Sonne, Juli 2024, Leinen, Kohle, Gold- & Silberfaden, Holzstäbe, ca. 60 x 43 cm  

for penelope

and her 12 maids

and all the forgotten women

and their stories

that no one ever told

 











(Sternbild Löwe (Detail), August 2024, Leinen, Kohle, Gold- & Silberfaden, Holzstäbe, ca. 60 x 43 cm

RECORDAR: Del latín re-cordis,

volver a pasar por el corazón.

 

(Eduardo Galeano)

 


Das spanische Wort ERINNERN kommt aus dem Lateinischen und bedeutet dem Sinn nach: etwas wieder durch das Herz ziehen lassen.

 

 




 

Die textilen Bilder sind während der stäfART im Atelier unikat7 in Ürikon ausgestellt. Der kleine Webstuhl steht im Atelier zur Birke in Stäfa.

Ein «goldener Faden» verbindet die Arbeiten von Karin Hirschbühl und Katja Bächtold.

 

 

Texte: Katja Bächtold, Zusammenstellung Christine Läubli

Fotos: Roland Juker https://rolandjuker.ch

 

 

Informationen:

Atelier unikat7, Stationsstrasse 12, 8713 Uerikon

Freitag, 1. November 2024, 19-22 Uhr Vernissage

Samstag, 2. November offen von 13 bis 18 Uhr, 14.30 Uhr Buchpräsentation „Alle Fäden in der Hand“, mit Gerlind Martin, Regula Zähner und Laetitia Barblan

Sonntag, 3. November offen von 11 bis 18 Uhr

 

 

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